Geschichte

Geschichte der Vanille

 

Die Geschichte der Vanille beginnt in Mittelamerika. Bereits in den vorspanischen Hochkulturen Mesoamerikas war Vanille eine begehrte Delikatesse – insbesondere bei den Azteken im Gebiet des heutigen Mexiko. In die europäische Küche wurde sie zunächst von den Spaniern aus deren amerikanischen Kolonien eingeführt. Dank des Franzosen Ludwig XIV., des Sonnenkönigs, der sich für dieses exotische Gewürz begeisterte, eroberte die Vanille schließlich die Inseln Réunion, Madagaskar und bald die gesamte restliche Welt.

 

Die Totonaken, die Azteken und Cortés

 

Die Azteken nannten die Vanille Ixtlilxochitl, was Schwarze Blume bedeutet. Ihren bekannten dunkelbraunen, fast schwarzen Glanz erhalten die Vanilleschoten allerdings erst nach der Trocknung und Fermentierung – bei der Ernte sind die Schoten noch grün.

 

Die Geschichte der Vanille ist anfangs mit der des Kakaos verknüpft: Denn die Azteken veredelten ihr Kakao-Getränk mit der süßlichen Vanille, die dem Kakao seine natürlich Bitterkeit nimmt. Auch wurde dieser exotischen Mischung zugeschrieben, die Stimmung zu heben. Das Kakao-Getränk mit dem ursprünglichen Namen xocoatl, war damals nur für die oberen Gesellschaftsklassen wie den Adel und die Krieger bestimmt.

Azteken & Kakao

Azteken & Kakao

Da die klimatischen Bedingungen in der Hauptstadt Tenochtitlán (das Gebiet des heutigen Mexiko-Stadt) ungeeignet waren, konnten die Azteken weder Vanille noch Kakao selbst anbauen. Zudem waren ihre botanischen Kenntnisse über die Orchideenart, welche die Vanille hervorbrachte, sehr begrenzt. In den Besitz dieser Delikatesse gelangten sie erst durch den Handel mit ihren Nachbarn, dem Volk der Totonaken. Diese bevölkern die Küstenregionen des Golfs von Mexiko rund um die Städte Veracruz und Papantla. Die Totonaken waren das einzige Volk, das um die Kunst des Anbaus von Vanille wusste. Sie mussten den damals dominierenden Azteken auch Tribut in Form von Vanille zollen.

 

Von Mittelamerika in die ganze Welt

 

Auch die Spanier entdeckten bei ihren Eroberungszügen in der Neuen Welt bald die Vanille für sich. Nichts deutete zunächst darauf hin, dass diese Pflanze die Aufmerksamkeit der ersten spanischen Expeditionen in Zentralamerika auf sich ziehen würde. Denn zu diesem Zeitpunkt waren noch keinerlei Aufzeichnungen über Vanille bekannt. Die eigentliche Entdeckung der Vanille geht wohl einher mit der Ankunft der Spanier in Tenochtitlán – besonders mit der Begegnung zwischen Hernan Cortés und dem Aztekenherrscher Moctezuma II. im Jahre 1519. Über Moctezuma (im Deutschen auch Montezuma) berichtet der spanische Chronist Bernardino de Sahagún, dass dieser seinen Kakao mit Vanille trank – und davon bis zu fünfzig Tassen pro Tag!

 

Sowohl die erste schriftliche Erwähnung als auch die erste bildliche Darstellung von Vanille findet sich im Codex Badiano, der zunächst vonMartin de la Cruz in der aztekischen Sprache Nahuatl verfasst und im Jahre 1552 von Juan Badiano ins Lateinische übersetzt wurde. Außerdem ist dies auch das erste Zeugnis über eine Orchidee aus der Neuen Welt.

 

Der internationale Handel mit Vanille begann allerdings erst im siebzehnten Jahrhundert, nachdem der Apotheker Hugh Morgan das Gewürz der Königin Elisabeth von England präsentiert hatte. Morgan hatte sich eine Probe der Vanilleschote bei Charles de l’Ecluse, auch bekannt alsCarolus Clusius, besorgt. Dieser hatte die Vanille im Jahre 1605 in einer Veröffentlichung als Lobus aromaticus oblongus, als „aromatischen längliche Schote“ beschrieben.

 

Während des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts besaß Mexiko – und vor allem das Volk der Totonaken in der Region Veracruz – das Monopol auf Vanille. Bis Mitte des neunzehnten Jahrhunderts blieben sie die weltweit größten Produzenten von Vanille.

 

Mit der Einführung nach Europa begann die weltweite Erfolgsgeschichte der Vanille. Besonders am Hofe des Sonnenkönigs, Ludwigs XIV. von Frankreich, war man versessen auf das Gewürz: Der Fürst setzte sich das Ziel, die Vanille auf der Île Bourbon, heute bekannt als La Réunion, heimisch zu machen. Doch alle Versuche während der Regierungszeit Ludwigs XIV., die sensible Orchideenart fernab ihres ursprünglichen Lebensraumes zu reproduzieren, scheiterten.

 

Erste künstliche Bestäubung

 

Die Gründe für den Misserfolg lagen neben den speziellen klimatischen Bedingungen vor allem an der Art der Befruchtung der Vanillepflanze: Denn allein die in Mexiko und Zentralamerika heimische Melipona-Biene befruchtete die Vanille auf natürliche Weise – und verschaffte dem Land so lange Zeit eine Monopolstellung in der Vanilleherstellung.

 

Dies fand der der belgische Naturforscher Charles Morren heraus, als er 1836 auf einer Veranda in Papantla (in Veracruz, Mexico) beim Kaffeetrinken. Er beobachtete, wie dunkle Bienen in die Blüte der Vanillepflanze neben seinem Tisch krabbelten und dabei Pollen transportierten. Innerhalb von wenigen Stunden schlossen sich die Blüten der Vanille und einige Tage danach, begannen sich Schoten zu entwickeln. Daraufhin begann Morren mit manueller Bestäubung zu experimentieren. Die erste künstliche Bestäubung der Vanillepflanze gelang ihm im Botanischen Garten von Lüttich. Ein Jahr später, 1837, schaffte dies der Gärtner Joseph Henri François Neumann erneut. Doch eine verlässliche Methode für eine Bestäubung im großen Stil hatten die beiden noch nicht gefunden.

Vanille Bestäubung

Vanille Bestäubung

Dies sollte erst dem erst zwölfjährigen Sklaven Edmon Albius auf der Insel Réunion im Jahre 1841 gelingen. Er entwickelte ein ebenso einfaches wie effizientes Verfahren, das bis heute angewandt wird, um die Vanille künstlich zu bestäuben: Er verwendete einen dünnen Bambusspieß, um die Blüten der Orchidee zu öffnen und das Pollenpaket vom Staubgefäss auf die Narbe zu streichen: Seine Methode bildet den Grundstein für die erfolgreiche Vanille-Produktion außerhalb Mexikos. Nach Entdeckung der manuellen Bestäubung wurde die Île Bourbon nur wenige Jahrzehnte nach der Einführung der Orchidee auf der im Jahre 1819 weltweit führend in der Vanilleproduktion.

 

Nach Abschaffung der Sklaverei im Jahr 1848 verlieh man dem jungen Edmond das Patronym Albius, das sich auf die weiße (ALBA) Farbe der Vanille-Blüte bezieht. Die Vanilleproduktion wurde kurzzeitig auch auf die Inseln Guadeloupe und Martinique ausgeweitet, doch aufgrund der landwirtschaftlichen Neuausrichtung auf Zuckerrohr und Bananen blieb der Anbau der Orchidee dort nur ein kurzes Intermezzo.

 

Vanille als Massenprodukt

 

Etwa um 1880 begannen die Produzenten von La Réunion Vanille auch in Madagaskar anzupflanzen. Die ersten Plantagen entstanden zunächst auf der Madagaskar vorgelagerten Insel Nosy Be. Bald weitete man den Anbau in den Osten Madagaskars aus, wo ein sehr günstiges feuchtes Klima herrscht. Der Erfolg dieses Schrittes ließ nicht lange auf sich warten: Im Jahr 1929 überstieg die Produktion aus Madagaskar erstmals die 1000-Tonnengrenze, was mehr als der zehnfachen Menge der auf Réunion produzierten Vanille entsprach.

 

Heutzutage wird Vanille auch erfolgreich in Indonesien, auf den Komoren, auf Réunion und in Tahiti produziert, doch Madagaskar ist mit ca. 80% der weltweit hergestellten Vanille noch immer führend in der Produktion. Aus Mexiko stammen mittlerweile nur noch 10% der heutigen Vanilleproduktion. Die USA sind der weltweit größte Konsument von Vanille, gefolgt von Europa und dort vor allem von Frankreich.

 

Die madagassische Vanilleindustrie brach im Jahre 1985 zusammen, als Coca-Cola –zusammen mit Pepsi-Colader weltweit größte Abnehmer von natürlichem Vanille-Extrakt – seine „New Coke“ präsentierte. Diese war erstmals mit dem weit billigeren synthetischen Vanille-ErsatzVanillin aromatisiert, was den Bedarf dieser Unternehmen nach natürlicher Vanille schlagartig halbierte. Erst mit der Markteinführung der neuen „Vanilla-Coke“ im Jahre 2002 benötigte Coca-Cola wieder verstärkt natürliche Vanille.

 

Neben Coca-Cola nutzt vor allem die Milchwirtschaft verbraucht einen großen Teil der weltweit produzierten Vanille: für Eiscreme, Joghurt und viele weitere Milchprodukte. Trotz der mittlerweile unterschiedlichsten Sorten von Eis, bleibt Vanilleeis immer noch die beliebteste Speiseeis-Sorte der Welt.